Mit dem zum Ende der letzten Legislaturperiode verabschiedeten Betriebsrentenstärkungsgesetz (BRSG) hat der Gesetzgeber eine große Ungerechtigkeit und ein Ärgernis für viele Sparer und Bezieher
kleiner Renten aus der Welt geschafft. Die Doppelverbeitragung zur Krankenversicherung der Rentner (KVdR). Doppelverbeitragung deshalb, weil auch von Rentenleistungen, die auf Einzahlungen aus
dem bereits verbeitragten Nettogehalt der Beschäftigten in einen riesterfähigen Vertrag beruhten, die Beiträge zur KVDR abgezogen wurden. Jetzt soll der Wille des Gesetzgebers offenbar über einen
steuerlichen Verwaltungsakt wieder kassiert werden. Ein administratives Schreiben des Bundesfinanzministeriums (BMF) droht die vom Parlament aus der Welt geschaffte Ungerechtigkeit durch die
Hintertür wieder einzuführen.
Die Doppelverbeitragung betraf insbesondere privat fortgeführte Verträge der Direktversicherungen und Pensionskassen. Die Doppelbelastung sowohl von riestergeförderten Verträgen wie auch
von privat finanzierten Pensionskassen-leistungen war ungerecht, weil sie Leistungen für Altersrentner erneut zu hundert Prozent mit Krankenkassenbeiträgen belastet, obwohl diese bereits aus voll
verbeitragten Einzahlungen resultieren. Wer dasselbe über eine private Lebensversicherung tat, wird als Rentner nicht erneut mit KVdR-Beiträgen belastet.
Mit Verabschiedung des BRSG durch den Deutschen Bundestag schien diese Ungleichbehandlung der Betroffenen aus der Welt zu sein. In der Gesetzesbegründung hieß es hierzu wörtlich: „Die Beiträge … müssen dem Grunde nach förderfähig im Rahmen der Riester-Förderung sein… Darauf, ob die Förderung tatsächlich erfolgt ist oder im Zeitpunkt der Beitragszahlung eine Förderberechtigung bestand, kommt es nicht an.“ Damit wurde auf vernünftige Art auch die Mehrfachbelastung privat fortgeführter Verträge aufgehoben.
Jetzt stellt der aktuelle Entwurf des angekündigten BMF-Schreibens die Neuregelung des BRSG in Frage und widerspricht dieser sogar. Damit würde ein absolutes Novum geschaffen, indem eine vom
Gesetzgeber beschlossene gesetzliche Neuregelung über einen steuerlichen Verwaltungsakt wieder kassiert würde.
Konkret formuliert das BMF-Schreiben die Anforderung, dass Leistungen aus einer riesterfähigen bAV nur dann von der KVdR-Pflicht befreit sind, wenn zuvor seitens des Versorgungsberechtigten ein
Zulagenantrag gestellt wurde. Damit wären faktisch alle Pensionskassen, die die Riesterförderung im Rahmen der betrieblichen Altersversorgung anbieten, in der Pflicht, ihre mehr als eine Million
Versicherten dahingehend zu informieren und zu beraten, dass diese zwingend einen rein formalen Zulagenantrag stellen müssen, selbst wenn sie diese Riesterförderung gar nicht erhalten können oder
wollen. Nur dann könnten diese in den Genuss der KVDR-Freiheit für Leistungen aus freiwillig und privat eingezahlten Beiträgen kommen, die aus Gerechtigkeits- und Gleichbehandlungs-gründen
ohnehin zwingend geboten wäre.
Das steht nicht nur in völligem Gegensatz zur Zielstellung des Gesetzes. Das ist auch künftigen Rentnerinnen und Rentnern kaum vermittelbar und dürfte bei den inzwischen hochsensibilisierten
Betroffenen zu öffentlicher Empörung führen.
Es lässt sich absehen, dass dies alles zu einem totalen Chaos in der Abwicklung und zu einem Desaster in der Außenwirkung führen wird – ein Schaden, der das Vertrauen in die betriebliche
Altersvorsorge erheblich untergraben würde. Damit würde das Ziel des Gesetzes – die Stärkung der Betriebsrenten – in das Gegenteil verkehrt.
Dabei ließe sich dieses brisante Thema recht einfach aus der Welt schaffen, indem der entsprechende Passus des BMF-Schreibens gestrichen und dem Gesetz und dem Willen des Gesetzgebers entsprochen wird.