Berlin, 20.11.2014 – Der vom BMAS vorgelegte Diskussionsvorschlag zur möglichen Änderung des
Betriebsrentengesetzes ist nicht geeignet, die Teilnahme Beschäftigter an der betrieblichen Altersvorsorge (bAV) im dringend notwendigen Umfang zu erhöhen. Zwar begrüßt der Verband der
Firmenpensionskassen das Signal aus dem Bundesarbeitsministerium, die betriebliche Altersvorsorge in die Verantwortung sozialpartnerschaftlich gestalteter, kollektiver Durchführungswege zu legen.
Allerdings droht eine weitere Erhöhung der Komplexität ohne Berücksichtigung der schon heute bestehenden und gut funktionierenden Strukturen.
Die vorgeschlagene Gesetzesänderung soll Arbeitgebern einen Ausweg aus der Einstandspflicht
bieten, um sie von unkalkulierbaren zukünftigen Risiken zu entlasten. Allerdings ist die Einstandspflicht bereits heute kein wirkliches Hemmnis für die Verbreitung, da Neuverträge so gestaltet
werden können, dass diese für den Arbeitgeber faktisch kein Risiko mehr darstellen. Ein echter Fortschritt wäre dann erreicht, wenn sich der Geltungsbereich eines neuen §17b auch auf die noch
erdienbaren zukünftigen Anwartschaften aller Arbeitnehmer erstrecken würde.
Darüber hinaus übersieht der Diskussionsvorschlag, dass die seit mehr als hundert Jahren
sozialpartnerschaftlich organisierten regulierten Pensionskassen der eigentlichen Intention des Gesetzentwurfes bereits heute entsprechen. Regulierte Pensionskassen liegen in der direkten
Verantwortung von Arbeitgebern und Arbeitnehmern, sie sind als Non-Profit- Einrichtungen ausschließlich zur Alterssicherung der Mitarbeiter organisiert und verzichten vollständig auf einen
kostentreibenden Vertriebseinsatz. Sämtliche Erträge dieser Einrichtungen werden zugunsten der versicherten Arbeitnehmer verwendet.
Leider werden diese bestehenden Merkmale der regulierten Pensionskassen im Gesetzentwurf nicht
berücksichtigt. Stattdessen würden Pensionskassen lt. Gesetzentwurf durch den notwendigen Beitritt in eine Protektor-Lösung direkt dem Solvency II Regime der Lebensversicherungsunternehmen
unterworfen werden. Diese ist jedoch für Sozialeinrichtungen, die frei von Drittinteressen sind, völlig ungeeignet und würde zu deutlich höheren Kosten und im Ergebnis zu niedrigeren
Versorgungsleistungen führen.
Mit der im aktuellen Diskussionsvorschlag formulierten Lösung würde eine gesetzliche Lösung
geschaffen, die zwar Pensionskassen und Pensionsfonds als Durchführungswege im Sinn hat, jedoch stattdessen ideale Bedingungen für gewinnorientiert agierende Finanzdienstleister
schafft.
Die dringend notwendige Ausweitung und Verbreitung einer ausreichenden Alterssicherung wird
mit diesem Gesetzentwurf ebenfalls nicht erreicht. Gerade die Einbeziehung kleiner und mittlerer Einkommen in die kapitalgedeckte Altersversorgung wird derzeit weiterhin massiv behindert. Erst
kürzlich hatte das Bundessozialgericht in Kassel die Doppelverbeitragung von Leistungen, die aus zusätzlichen freiwilligen Zahlungen von Arbeitnehmer resultieren, für rechtens erklärt. Die
Begründung: dies entspräche der Gesetzeslage. Faktisch bedeutet das weiterhin, dass Rentner, die ihre Leistungen aus freiwilligen Zahlungen oder aus Riester-Verträgen von Pensionskassen beziehen,
volle Beiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung bezahlen müssen. Wer seine Riester-Leistungen von einer Lebensversicherung bezieht, muss keine Beiträge entrichten. Eine gesetzliche
Schieflage, die inhaltlich nicht zu rechtfertigen ist.
Der VFPK fordert die Politik auf, den guten Gedanken, die kollektive sozialpartnerschaftliche
bAV zu stärken, konsequent weiter zu gehen und gemeinsam mit den bestehenden sozialpartnerschaftlichen Einrichtungen Rahmenbedingungen zu gestalten, die tatsächlich geeignet sind, die Teilnahme
an der bAV signifikant zu erhöhen. Dazu gehört die Abschaffung der Doppelverbeitragung, dazu gehört auch die Abschaffung der Anrechnung der bAV-Leistungen auf die Grundsicherung im Alter – gerade
hiervon sind die Bezieher kleiner und mittlerer Einkommen überdurchschnittlich stark betroffen. Sinnvoll wäre es zudem, gerade für die Bezieher von kleinen und mittleren Einkommen die
Zulagenförderung deutlich zu verbreitern. Wie andere Investitionen kosten auch diese Maßnahmen Geld. Den „Return on Investment“ erhält die Gesellschaft dann, wenn künftige Rentnergenerationen in
der Lage sein werden, unabhängig von Transferleistungen ihren Lebensunterhalt zu finanzieren. Nur hiermit kann das Armutsrisiko breiter Rentnerschichten zukünftig vermieden werden.