Der erfolgreiche Auf- und Ausbau kapitalgedeckter Altersversorgung ist immer mit drei sich teilweise bedingenden Faktoren verbunden: mit einer hohen Verbindlichkeit der Teilnahme, auskömmlichen
Beiträgen und einer obligatorischen Arbeitgeberbeteiligung. Das zeigen die Erfahrungen in Ländern, in denen die kapitalgedeckte Altersversorgung bereits weit ausgebaut ist und die im Ranking der
Altersversorgung immer vordere Plätze einnehmen, wie etwa die Niederlande und die Schweiz. Auch die deutlich gesteigerte Durchdringung in Ländern wie Schweden oder Großbritannien ist
hauptsächlich auf den verpflichtenden Aufbau eines Kapitalstocks für Alterssicherung zurückzuführen. Eine erhöhte Teilnahme von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern kann nicht durch teure
Vertriebsprozesse hergestellt werden. Diese führen mittelfristig sogar zu einer Diskreditierung der Systeme. Von der Schaffung immer neuer steuerlicher Anreizsysteme raten wir ab. Sie erhöhen die
Komplexität, belasten die öffentlichen Haushalte und führen häufig zu einer Subventionierung überdurchschnittlicher Einkommen, anstatt Beschäftigte mit geringen und kleinen Einkommen zu
unterstützen.
1. Verbesserungen im Arbeitsrecht
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Umfang der Arbeitgeberhaftung/Beitragsgarantie: Trennschärfe zwischen Beitragszusage und beitragsorientierter Leistungszusage sicherstellen
Vor dem Hintergrund der langen Niedrigzinsphase und der dadurch bedingten aufsichtsrechtlichen Vorgaben zur Absenkung des Garantiezinses in den versicherungsförmigen Zusagen stellt sich
zunehmend die Frage nach einer Mindestgarantie in der beitragsorientierten Leistungszusage (BoLz). Im aktuellen aufsichtsrechtlichen Umfeld scheint eine (Mindest-)Garantie in Höhe der
insgesamt eingezahlten Beiträge, wie in der Beitragszusage mit Mindestleistung, nicht mehr sinnvoll. Insofern entspricht eine niedrigere Garantie den wirtschaftlichen Realitäten. Zur weiteren
Abgrenzung von der reinen Beitragszusage, bei der der Arbeitgeber keine Garantien übernimmt, sollte andererseits klargestellt werden, dass in der BoLz eine substantielle Garantiezusage
enthalten sein muss. Dies kann durch eine Garantie von zum Beispiel mindestens 75 Prozent der eingezahlten Beiträge geschehen. Ansonsten erfolgt eine Verlagerung des Anlagerisikos auf die
Arbeitnehmer, ohne dass die besonderen Schutzmechanismen der reinen Beitragszusage gelten.
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Generationengerechtigkeit/Eingriffsmöglichkeiten in bestehende Zusagen: Rechtssicherheit für Anpassungen bei noch zu erdienenden Anwartschaften stärken
Aufsichtsrechtlich besteht bereits heute in vielen Fällen die Möglichkeit, unter streng geregelten Voraussetzungen das Beitrags-/Leistungsverhältnis für zukünftig erdienbare Anwartschaften
(aus zukünftigen Beiträgen) anzupassen. In vielen Fällen wird hierdurch erreicht, dass Zusagen, die von einem bestimmten Zeitpunkt an erdient werden, für alle Beschäftigten auf identische
Weise finanziert werden. Auch aus der Rechtsprechung des Arbeitsrechts ergeben sich Möglichkeiten, zukünftig erdienbare Ansprüche anzupassen (3 Stufen Theorie). Grundsätzlich sind damit
Instrumente vorhanden, um zumindest im Rahmen noch aktiver Arbeitsverhältnisse und noch zu erdienender Anwartschaften einen Gleichklang zwischen verschiedenen Phasen und Generationen des
Arbeitslebens herzustellen.
In der Praxis sind diese Anpassungen jedoch mit erheblichen Rechtsrisiken verbunden. Insbesondere wird in der Rechtsprechung die vom Arbeitgeber weiterhin zu tragende Einstandspflicht bei
externen Versorgungsträgern nicht ausreichend als sachlicher Grund für einen Eingriff in künftige erdienbare Steigerungen gewürdigt. Hier ist ein klarer gesetzlicher Rahmen notwendig, der die
verschiedenen Aspekte von Arbeitsrecht und Aufsichtsrecht bündelt.
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Rentabilität/Kosten bei der Entgeltumwandlung / Weniger Komplexität und höhere Transparenz: bAV darf nicht zum reinen Finanzprodukt werden
Das eigentliche Produkt bzw. Leistungsversprechen der betrieblichen Altersversorgung ist denkbar einfach. Die Finanzierung von Alters-, Hinterbliebenen- und Invalidenrente erfolgt aus den
eingezahlten Beiträgen und den hierauf erzielten Kapitalerträgen. Wenn gleichzeitig sichergestellt werden kann, dass keine Mittel zugunsten Dritter (Aktionäre, Versicherungsvermittler, Makler
etc.) und zulasten der Versorgungsberechtigten verwendet werden, dann sind entscheidende Voraussetzungen, die für eine ergänzende zusätzliche Altersversorgung gegeben sein müssen,
grundsätzlich erfüllt. Regulierte Pensionskassen erfüllen dieses Kundenversprechen. Wenn jedoch bAV als Finanzprodukt verstanden wird, an dem sich eine Vielzahl von Intermediären entlang
einer Wertschöpfungskette beteiligen, enstehen automatisch komplexe, intransparente Produkte ohne Mehrwert für den Kunden und mit erheblicher Kostenbelastung. Hieraus ergibt sich die
unmittelbare Forderung nach einfachen, kostengünstigen und regulierten Produkten. Regulierte Pensionskassen leisten dies seit mehr als 100 Jahren und machen daher die Einrichtung einer
staatlich organisierten kapitalgedeckten Altersversorgung oder gar eines Staatsfonds überflüssig.
2. Verbesserungen im Finanzaufsichtsrecht
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Eindämmung der Berichtspflichten, eigenes Aufsichtsrecht für Einrichtungen der bAV:
Die Zunahme der Berichtspflichten in den vergangenen Jahren hat zu deutlich erhöhten Aufwänden in den Pensionskassen geführt. Es geht im Grundsatz nicht darum, die Berechtigung von Berichten
und Transparenz anzuzweifeln. Es geht vielmehr darum, dass
- nur solche Daten erhoben werden, die für die Erfüllung der Pflichten der Aufsichtsbehörde erforderlich sind.
- Vereinfachungen und Synergien geschaffen werden, wo dies möglich ist. Bei der Vielzahl von Berichtsformaten stellt sich die Frage, wo durch Synchronisierung der Berichtsformate und
Abgleichung bereits vorhandener Daten Effizienzen und damit Entlastungen erzielt werden können.
Der VFPK sieht hier die Verpflichtung der Aufsichtsbehörden, sich zu koordinieren und Synergien möglichst so umfassend zu generieren, dass die Aufwände für die berichtenden Kassen so gering
wie möglich bleiben. Denn letztlich erzeugen diese Anforderungen zusätzliche Verwaltungskosten, für die am Ende die Versicherten aufkommen müssen.
Wir sehen derzeit einen verstärkten Trend, Berichtspflichten aus dem Lebensversicherungsbereich direkt auch auf Einrichtungen der bAV zu übertragen, ohne dass hier vergleichbare Sachverhalte
(insbesondere zur Sicherstellung des Verbraucherschutzes) vorliegen. Insofern halten wir weiterhin eine klare Abgrenzung durch ein eigenes Aufsichtsrecht für EbAV für erforderlich.
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Anlagemöglichkeiten mit höheren Renditen: Regelwerke an Gegebenheiten der Kapitalmärkte anpassen
Die Verpflichtungen regulierter Pensionskassen sind generell langfristiger Natur und auf lebenslange Rentenzahlungen ausgerichtet. Aufgrund des arbeitsrechtlichen Rahmens liegt zudem kein
Stornorisiko vor. Daraus ergeben sich grundsätzlich gute Voraussetzungen für eine langfristige sachwertorientierte Kapitalanlage.
Allerdings folgen aus den Vorgaben der Anlageverordnung zu Quoten für Mischung, Streuung etc. Restriktionen, die ein ertragreiches Portfolio verhindern und letztlich zu einer Anlage mit
suboptimalen Renditen führen. Wegen des strengen Regelwerks zur Kapitalausstattung und der aufsichtsrechtlichen Vorgaben zu Stresstests, Prognoserechnungen etc. legen viele EbAV einen
Großteil ihres Portfolios in Anleihen an. Wir sprechen uns daher für eine Flexibilisierung und Erweiterung der Anlagequoten aus. Damit einhergehend sollte ein erweitertes gemildertes
Niederstwert-Prinzip eingeführt werden, das die Fälligkeitsstruktur der Verpflichtungen bei der Bewertung der unterlegten Aktiva berücksichtigt.
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Mehr Flexibilität für Pensionskassen: Regulatorik muss der Spezifik der regulierten Pensionskassen Rechnung tragen
Die Regulierung für Einrichtungen der betrieblichen Altersversorgung wird immer umfassender und damit auch aufwändiger. Damit werden diese Einrichtungen immer mehr mit am Markt agierenden
Unternehmen der Versicherungswirtschaft sowie Finanzdienstleistern gleichgesetzt. Beispielhaft sei dafür die Äußerung der BaFin angeführt, dass auch das Bafin-Vertriebsrundschreiben (11/2018)
zumindest in Teilen von EbAV anzuwenden sei.
Tatsächlich haben jedoch gerade regulierte Pensionskassen den Charakter sozialer Einrichtungen, mit denen Arbeitgeber und Arbeitnehmer gemeinsam die Altersversorgung im Rahmen des
Arbeitsverhältnisses organisieren. Gerade der Ausschluss von Provisionszahlungen und sonstigen Drittinteressen durch regulierte Pensionskassen sorgt dafür, dass mit den vorhandenen Mitteln
verantwortlich und zielgerichtet umgegangen wird. Dieser Charakter muss sich in der Regulatorik sowie deren Anwendung in der Praxis widerspiegeln
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Nachhaltige Anlagen/ESG-Kriterien: Den Auftrag der EbAV nicht verwässern: Versorgungsleistung für künftige Rentnerinnen und Rentner
Die Kapitalanlage in der bAV ist sowohl aus Sicht der Verordnungen, als auch des VAG und der Trägerunternehmen den Begünstigten verpflichtet. Die Aufgabe von Einrichtungen der betrieblichen
Altersversorgung ist es, Altersversorgungsleistungen zu erbringen. Auf diese Zusatzeinkünfte werden viele künftige Rentnerinnen und Rentner angewiesen sein. Angesichts der demographischen
Entwicklung ist der Ausbau kollektiver bAV wichtiger denn je. Die EbAV sind daher angehalten, optimale Rendite bei einem angemessenen Risikoprofil zu generieren. Das ist auch die
aufsichtsrechtliche Erwartung an Pensionskassen. ESG-Aspekte spielen dabei eine begleitende Rolle. Aber sie dürfen nicht zu einer Einschränkung der Renditeerwirtschaftung führen oder gar den
satzungsmäßigen Zwecken der Pensionskassen zuwiderlaufen.
Statt dessen halten wir Anpassungen im Aufsichtsrecht für erforderlich, die Einrichtungen der betrieblichen Altersversorgung mehr Möglichkeiten bieten, ihre Versicherten an der Finanzierung
der gesellschaftlichen Transformationsprozesse wie etwa der Energiewende zu beteiligen. Dies sollte sowohl in steuerlicher Hinsicht als auch in der Behandlung im Stresstest geschehen.
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Leitbild für Pensionskassen gemäß § 232 Abs. 1 VAG: Die Gesetzeslage an flexible Übergangsmodelle anpassen
Mit dem 8. Gesetz zur Änderung des Vierten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze sollen die Hinzuverdienstgrenzen bei vorgezogenen Altersgrenzen ersatzlos entfallen. Es sollte
klargestellt werden, dass sich hieraus keine neuen Anforderungen an Pensionskassen im Hinblick auf das gesetzliche Leitbild in § 232 Abs. 1 VAG ergeben. Das könnte z. B. in der Weise
erfolgen, dass in § 232 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 nach dem Semikolon eingefügt wird: “diese Voraussetzung ist nach Abruf einer Vollrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung stets erfüllt”. Im
Übrigen regen wir an, auch den folgenden Halbsatz “soweit das Erwerbseinkommen teilweise wegfällt, können die allgemeinen Versicherungsbedingungen anteilige Leistungen vorsehen” zu
modifizieren, um den Anforderungen der Praxis an flexible Modelle des Übergangs in den Ruhestand zu entsprechen. Soweit nur anteilige Leistungen gewährt werden dürfen, werden Leistungen der
Pensionskasse keinen sinnvollen Beitrag für Übergangsmodelle leisten können. Wir schlagen folgende Alternative vor: “soweit das Erwerbseinkommen teilweise wegfällt, können die allgemeinen
Versicherungsbedingungen Leistungen bis zum Ersatz des weggefallenen Einkommens vorsehen”.
3. Verbesserungen im Steuerrecht
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Optimierung der Geringverdienerförderung: Zielgenaue Förderung der Geringverdiener
Die Komplexität der betrieblichen Altersversorgung sollte nicht immer weiter erhöht werden. Der im Rahmen des Betriebsrentenstärkungsgesetzes zum 01.01.2018 eingeführte und im Jahr 2020
erhöhte Förderbetrag nach § 100 EStG ist für die Geringverdienerförderung besonders geeignet.
Damit das auch in Zukunft so bleibt, ist insbesondere darauf zu achten, dass die maßgeblichen Einkommensgrenzen und ebenso der Förderbetrag dynamisiert oder zumindest regelmäßig angepasst
werden.
Auch die Riesterförderung über Zulagen adressiert das Segment der Geringverdiener. Wir regen an, auf die Günstigerprüfung zu verzichten und mit den frei werdenden Mitteln geringe Einkommen
zusätzlich zu fördern.
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Steuerliche Flankierung von Sanierungsmaßnahmen:
Für die Durchführungswege Pensionskasse, Pensionsfonds und Direktversicherung ist die Sanierung in § 19 Abs. 1 Nr. 3 Buchstabe b EStG steuerlich flankiert. Soweit sich im Durchführungsweg der
rückgedeckten Unterstützungskasse bei der Rückdeckungsversicherung ein Sanierungsbedarf ergibt, fehlt derzeit eine steuerliche Flankierung für die Finanzierung des Sanierungsbedarfs durch die
Trägerunternehmen.
Wir regen daher an, in § 4d Abs. 1 Nr. 1 Buchstabe c EStG zu ergänzen, dass die Sanierungsbeiträge unter den in § 19 Abs. 1 Nr. 3 Buchstabe b EStG genannten Voraussetzungen ebenfalls
begünstigt sind
4. Weiterentwicklung des Sozialpartnermodells
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Erleichterte Nutzung durch Nichttarifgebundene:
Für den Erfolg des Sozialpartnermodells ist die Einbindung kleiner und mittelständischer Unternehmen (KMU) ein wichtiger Faktor. Doch gerade in KMU besteht häufig eine geringe Tarifbindung.
Für eine Weiterentwicklung des Sozialpartnermodells sollten daher Wege geprüft werden, wie auch nicht tarifgebundenen Unternehmen und Beschäftigten der Zugang zu einer betrieblichen
Altersversorgung nach dem Sozialpartnermodell ermöglicht werden kann.
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Spezifische steuerliche Förderung:
Die bestehenden steuerlichen Förderungen sind aus unserer Sicht ausreichend. Weitere spezielle steuerliche Regelungen sollten daher zunächst nicht geschaffen werden, um eine weitere Erhöhung
der Komplexität zu vermeiden.
5. Verbesserungen in der Sozialversicherungspflicht
Für geringe Einkommen stellen Sozialversicherungsabgaben deutlich stärkere Belastungen dar als fiskalische Abgaben.
Deshalb wäre eine Entlastung im Bereich der Sozialabgaben eine besonders wirksame Fördermaßnahme für die Bezieher und Bezieherinnen geringer Einkommen und Renten. Dazu könnten zum Beispiel –
analog zur gesetzlichen Rente – Leistungen aus der bAV nur noch hälftig verbeitragt werden.